Prolog zum Buch die Affäre Deutsch

Anmerkung: Mit diesem Buch wird ein veritables Staatsverbrechen in der BRD nachgewiesen, aber auch eine Spur nach Sachsen gelegt, wohin viele Kunstschätze verfrachtet worden waren. Unter anderem die Hatvany-Sammlung. Das Buch ist eine Art Leitfaden zum Auffinden derselben.

Es war der Maler Georg Chaimowicz, der mich zuerst auf den Fall von Hans Deutsch aufmerksam machte. Seine Worte bleiben in mir bis heute lebendig, obwohl er selbst schon längst nicht mehr am Leben ist: »Wer von Raub und Mord an den Juden profitiert hat, wird alles tun, um das zu vertuschen.« Sie treffen auf die Geschichte zu, die hier erzählt wird. Eine Geschichte mit offenem Ende, basierend auf über zwanzig Jahren Recherche. Ich bin Journalist, habe unter anderem über politisch brisante Vorgänge in Europa, Zentralamerika und dem Nahen Osten gearbeitet, aber für ein derartiges Mammutprojekt braucht es mehr als professionelles Interesse, es braucht ein persönliches Motiv.

1997 war ich als Herausgeber, zeitweiliger Chefredakteur und Hauptgesellschafter maßgeblich daran beteiligt, die legendäre Satire-Zeitschrift »Simplicissimus« mit neuem Leben zu füllen, sie wiederzuerwecken. Ich hätte gewarnt sein müssen, dass die nationalkonservative Stimmungslage der neuen Eliten in Wien dafür keine gute Voraussetzung war.

Das konnte man bereits an den Vorgängen rund um die Inszenierung von Thomas Bernhards »Heldenplatz« am Wiener Burgtheater zehn Jahre zuvor beobachten. Ein Kulturkampf unvorstellbaren Ausmaßes brach wegen dieses Theaterstückes aus, in der Kronen-Zeitung wurde übel polemisiert, Hass geschürt. Als ein Mann tatsächlich seinen Traktor vor das Theater manövrierte und eine Fuhre Stallmist ablud, wurde das in aller Welt kolportiert. Das Stück galt als Vaterlandsverrat, weil Bernhards Held sinnierte, in Österreich müsse man nationalsozialistisch oder katholisch sein, um geduldet zu werden. Das Land sei verlottert und vermodert, schrieb Bernhard. Der Autor witterte hinter den Anfeindungen gegen ihn den Geruch der Diebe und Mörder des Dritten Reiches, die fette Beute gemacht hatten und nun feine Gesellschaft spielten. Sein Stück war mit der Staatslüge, die Österreich als »erstes Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft« beschreibt, und der ganz persönlichen Lebenslüge vieler Mitglieder der Hautevolee nicht vereinbar.

In dieses Klima stieß also der neue »Simplicissimus«, als satirische Darstellung solcher psychischen Kontaminationen. Die Resonanz in der breiten Öffentlichkeit auf Vorab-Exemplare (Leseproben mit einer Auflage von jeweils einer halben Million Stück, die gratis verteilt wurden) war großartig, eigentlich hätte es ein Selbstläufer werden müssen. Doch ab der dritten regulären Ausgabe traten unverhoffte Probleme auf: Ein vollständig besicherter Kredit wurde plötzlich von der Bank verweigert, die Sicherheiten aber nicht freigegeben. In der Auslieferung kam es auffallend häufig zu Fehlern, zu Irrläufern, die kleinen Ortschaften viele Verkaufsexemplare bescherten und großen Städten nur wenige. Diese Zufälle häuften sich, so dass von einer strategischen Blindheit der Vertriebsgesellschaft gesprochen werden kann. Einflussreiche Leute versuchten, den Verleger einzuschüchtern, der damalige Direktor des Kunsthistorischen Museums in Wien intervenierte gegen die Kooperation einer großen Tageszeitung mit dem »Revolverblatt«. Um diese Phalanx der Verhinderer abzuschütteln, emigrierte die Zeitschrift mit dem roten Bully als Wappentier schließlich nach Berlin. Letztendlich musste der »Simplicissimus« jedoch 1999 eingestellt werden.

Aber woran entzündeten sich die Gemüter eigentlich? Den Ausschlag gab, das zeigten meine Recherchen eindeutig, der Aufmacher der ersten Ausgabe, ein Artikel über das Gemälde »Veduta del Monte Sinai« von El Greco. Ein verschwundenes unscheinbares Bild, auf zwei Bretter gemalt, nicht größer als 41 mal 47,5 Zentimeter. Die Geschichte war mir 1995 von Georg Chaimowicz zugetragen worden.

Eine kleine Kuriosität aus der Kunstwelt: Ein Bild, das als verschollen galt, tauchte 1980 am Wiener Naschmarkt auf und verschwand wieder. Während der deutschen Besatzung war es 1944 dem ungarischen Kunstsammler Baron Ferenc Hatvany von der SS geraubt worden.

Na gut, zumindest eine nachprüfenswerte Story, dachte ich damals, und ahnte nicht, dass ich mit dem Beginn dieser Recherchen eine der folgenschwersten Entscheidungen meines Lebens getroffen hatte. Diese banale Kriminalgeschichte sollte sich zum internationalen Skandal ausweiten.

Auf der Titelseite der ersten Ausgabe im Jahr 1997 stand zu lesen: »El Sotheby‘s El Greco«, »ein Meisterwerk El Grecos stammt aus der gestohlenen Hatvany-Sammlung. Führt die Spur zu den Raubschätzen der Nazis?« Der Artikel endete damals mit den Worten: »Wir wollen wissen, welch dunkle Pfade die anderen Gemälde der Hatvany-Sammlung durchschritten haben. Die Renoirs, Monets, Cézannes usw. Und vor allem, welche Dunkelmänner da am Werk sind.« Das wurde von Tätern und Nutznießern wohl als gefährliche Drohung empfunden. Sie mussten annehmen, dass mir als früherem investigativen Journalisten die Sache ernst war. Nachdem ihre Aktionen gegen den Simplicissimus deutlich machten, welche Dimensionen sich hinter dem vermeintlich kleinen Fall »Sinai« verbergen mochten, wurde es das tatsächlich. Mit dem vorliegenden Buch werden sie nachträglich bestätigt.

Der Wiedergutmachungsanwalt Prof. h.c. Dr. Hans Deutsch ist der Schlüssel zu einem Mysterium, das bis heute seine Opfer fordert. Die Erben Hatvanys hatten ihn mit der Durchsetzung ihrer Wiedergutmachungsansprüche beauftragt. Nachdem er erfolgreich einen Vergleich in Höhe von 35 Millionen Mark erwirkt hatte und die Hälfte schon ausbezahlt war, wurde er unverhofft wegen Betruges verhaftet und saß 18 Monate in Untersuchungshaft. Seinen Prozess verschleppte man über Jahre. Letztendlich wurde er freigesprochen, blieb aber diskreditiert, weil bis heute Zweifel gesät und falsche Behauptungen aufgestellt werden, die besagen, dass die Hatvany-Sammlung gar nicht von den Nazis geraubt worden sei, sondern von den Sowjets.

Meine Nachforschungen zu diesem riesengroßen Puzzle basieren auf Tausenden Dokumenten aus neun Ländern und zwanzig Archiven sowie zahlreichen Gesprächen mit verschiedenen Beteiligten, insbesondere Dr. Joram Deutsch, der nicht müde wird, gegen die Nazi-Legenden über seinen Vater anzukämpfen, um ihn irgendwann im öffentlichen Bewusstsein zu rehabilitieren. Auch wenn mir bei diesen Recherchen immer wieder Steine in den Weg gelegt, existenzielle Drohungen zugespielt wurden, Informationsquellen plötzlich versiegten, ist inzwischen die Beweislast erdrückend: Hinter den Ereignissen im Fall Hans Deutsch / Hatvany verbergen sich Verstrickungen bis in die höchsten Führungsetagen deutscher Ministerien, wo ehemalige hochrangige Nazis die Fäden zogen und eine ganz eigene, totalitäre Agenda verfolgten. Dieser NS-Zirkel hat die vermutlich erfolgreichste Desinformationskampagne in der deutschen Nachkriegsgeschichte lanciert, und sie wirkt bis heute. Die komplexen Zusammenhänge aufzuzeigen, die  erschreckenden Geschehnisse zu durchleuchten und damit der Wahrheitsfindung zu dienen  ist Anliegen dieses Buches.

Auf der Titelseite der ersten Ausgabe im Jahr 1997 stand zu lesen: »El Sotheby‘s El Greco«, »ein Meisterwerk El Grecos stammt aus der gestohlenen Hatvany-Sammlung. Führt die Spur zu den Raubschätzen der Nazis?« Der Artikel endete damals mit den Worten: »Wir wollen wissen, welch dunkle Pfade die anderen Gemälde der Hatvany-Sammlung durchschritten haben. Die Renoirs, Monets, Cézannes usw. Und vor allem, welche Dunkelmänner da am Werk sind.« Das wurde von Tätern und Nutznießern wohl als gefährliche Drohung empfunden. Sie mussten annehmen, dass mir als früherem investigativen Journalisten die Sache ernst war. Nachdem ihre Aktionen gegen den Simplicissimus deutlich machten, welche Dimensionen sich hinter dem vermeintlich kleinen Fall »Sinai« verbergen mochten, wurde es das tatsächlich. Mit dem vorliegenden Buch werden sie nachträglich bestätigt.

Der Wiedergutmachungsanwalt Prof. h.c. Dr. Hans Deutsch ist der Schlüssel zu einem Mysterium, das bis heute seine Opfer fordert. Die Erben Hatvanys hatten ihn mit der Durchsetzung ihrer Wiedergutmachungsansprüche beauftragt. Nachdem er erfolgreich einen Vergleich in Höhe von 35 Millionen Mark erwirkt hatte und die Hälfte schon ausbezahlt war, wurde er unverhofft wegen Betruges verhaftet und saß 18 Monate in Untersuchungshaft. Seinen Prozess verschleppte man über Jahre. Letztendlich wurde er freigesprochen, blieb aber diskreditiert, weil bis heute Zweifel gesät und falsche Behauptungen aufgestellt werden, die besagen, dass die Hatvany-Sammlung gar nicht von den Nazis geraubt worden sei, sondern von den Sowjets.

Meine Nachforschungen zu diesem riesengroßen Puzzle basieren auf Tausenden Dokumenten aus neun Ländern und zwanzig Archiven sowie zahlreichen Gesprächen mit verschiedenen Beteiligten, insbesondere Dr. Joram Deutsch, der nicht müde wird, gegen die Nazi-Legenden über seinen Vater anzukämpfen, um ihn irgendwann im öffentlichen Bewusstsein zu rehabilitieren. Auch wenn mir bei diesen Recherchen immer wieder Steine in den Weg gelegt, existenzielle Drohungen zugespielt wurden, Informationsquellen plötzlich versiegten, ist inzwischen die Beweislast erdrückend: Hinter den Ereignissen im Fall Hans Deutsch / Hatvany verbergen sich Verstrickungen bis in die höchsten Führungsetagen deutscher Ministerien, wo ehemalige hochrangige Nazis die Fäden zogen und eine ganz eigene, totalitäre Agenda verfolgten. Dieser NS-Zirkel hat die vermutlich erfolgreichste Desinformationskampagne in der deutschen Nachkriegsgeschichte lanciert, und sie wirkt bis heute. Die komplexen Zusammenhänge aufzuzeigen, die  erschreckenden Geschehnisse zu durchleuchten und damit der Wahrheitsfindung zu dienen  ist Anliegen dieses Buches.